Ing. Michael Schmidt | Frühjahr 2019
Ing. Michael Schmidt ist seit Jahrzehnten mit der 3SI Immogroup erfolgreich auf dem Wiener Immobilienmarkt tätig ist. Dabei hat er sich besonders auf den Kauf und die Sanierung von Zinshäusern und Wohnungen in Wien spezialisiert.
Im Gespräch waren
Ing. Michael Schmidt — Geschäftsführer 3SI Immogroup GmbH
Dr. Eugen Otto — Geschäftsführer Otto Immobilien
Ing. Thomas Gruber — Teamleiter Zinshaus Otto Immobilien
Eugen Otto: Wir stellen in unserem Zinshausmarktbericht gerne Menschen vor, die die Häuser mögen und in ihnen eine Zukunft sehen. Der erste Hauskauf Ihres Vaters war im Jahr 1980. Hat dieses Haus für Sie eine besondere Bedeutung?
Michael Schmidt: Das Haus in der Sagedergasse ist noch in Familienbesitz. Es hat Symbolcharakter als Beginn unseres Aufbaus. Wir haben darin gewohnt und mein Vater hatte seine ersten Immobilien darin vermietet. 1980 ist auch ein gutes Datum, denn da bin ich zur Welt gekommen. Also in beiderlei Hinsicht hat sich da viel bewegt.
Familienunternehmen wie Ihres vereinen viele positive Elemente: Tradition, kurze Wege, wichtige humanistische Werte. Gibt es Bereiche, wo Sie sich leichter täten, wenn Sie keine Familie wäre?
Hervorheben sollte man das große Vertrauensverhältnis. Das ist das Wichtigste, was ein Familienunternehmen hat. Mein Vater hat vorgezeigt, wie es funktioniert: Er hat uns nie auf die Finger geklopft. Er hat mir Aufgaben übertragen, obwohl ich erst 21 Jahre alt war, als wir die Firma gegründet haben. Ich konnte Ideen einbringen. Das hat mir auch Stärke und Rückhalt gegeben. Ich musste nie Angst haben, konnte mich etwas trauen. Für mich war das ein wahnsinniger Startvorteil. Aber natürlich kommt es immer auf die Menschen an, jede Familie ist anders.
Waren Sie auf etwas besonders stolz oder ist Ihnen etwas gelungen, von dem Ihre Familie beeindruckt war?
Wir hatten immer Wachstumsphasen. 2011 haben wir fünf Häuser von den Swarovskis über einen Makler aus Tirol gekauft. Damals hatten wir noch ein nicht so repräsentatives Büro, weshalb der Makler argwöhnte, ob wir uns das überhaupt leisten könnten. Insgesamt hatte er neun Häuser, wir haben fünf gekauft. Ich war stolz, dass wir das geschafft haben. Natürlich mit einem irrsinnigen finanziellen und persönlichen Aufwand. Das war so ein einschneidendes Erlebnis und hat uns einen Schub gegeben.
Das Zinshaus hat in den letzten 10 bis 30 Jahren einen unglaublichen Aufschwung genommen. Wie sehen Sie die aktuelle Marktlage? Häuser sind viel teurer geworden, man fragt sich: Können sie noch teurer werden? Wie geht es in diesem Segment weiter?
Wir haben einen riesigen Anstieg bei den Zinshauspreisen in den letzten drei Jahren, besonders im letzten Jahr erlebt. Zwischen Frühjahr 2018 und heute sind die Preise teilweise um 10, 20 Prozent gestiegen. Wir befinden uns momentan in einer Hochphase und die Preise steigen weiter. Ich glaube nicht, dass sie nochmal so fulminant steigen werden. Es wird dieses Jahr und wahrscheinlich nächstes Jahr zwischen 3 und 5 Prozent Steigerung geben.
Sind Zinshäuser aufgrund der rasanten Steigerungen der vergangenen Jahre überbewertet?
Ich halt sie jetzt für gut eingewertet. Wenn man sie mit den Baukosten für Neubauten vergleicht, kann das Zinshaus gar nicht billiger sein. Das Zinshaus hat nur das Handicap der unbefristeten Mieter und der schlechten Rendite. Für ein Zinshaus in durchschnittlicher Lage bekommt man jetzt ungefähr 2.000,- bis 2.500,- Euro pro Quadratmeter. Um diese Summe kann man nicht bauen. Da rede ich gar nicht vom Grundpreis. Vor 10 Jahren hat dasselbe Haus vielleicht 1.000,- Euro gekostet. Das stand in keinem Verhältnis zu einem Neubau. Das hat sich ein bisschen angepasst, aber natürlich haben Sie recht. Wir sind sehr weit oben. Ich glaube nicht an eine Blase, aber ich glaube an eine Verlangsamung der Preisentwicklung.

Die Alternative für Sie ist das Wohnen in anderer Form: Wohnen im Neubau, Wohnen auch auf Zeit. Sie haben mit CheckVienna auch eine Internet-Plattform. Wie groß ist der Anteil Ihrer Aktivitäten außerhalb des Zinshauses?
90 Prozent meiner Aufmerksamkeit gehören dem Zinshaus und 10 Prozent dem Neubau. Das wird sich zu einem Verhältnis von 70 zu 30 verschieben. Meine Liebe gilt den Zinshäusern, da kann ich sofort damit arbeiten. Beim Neubau ist das anders. Solange ich keine Baugenehmigung habe, habe ich nichts, aber die Kosten rennen. Ein Zinshaus ist ein sicheres Investment. Wir wollen auch groß in den Neubau einsteigen und haben da einige Projekte – in der Raffelspergergasse und am Hackenbergweg im 19. Bezirk. Da bewegen wir uns im guten Luxussegment. Wir wollen zwar nicht unbedingt ganz weit draußen am äußersten Stadtrand bauen, wir haben aber auch zum Beispiel ein Projekt in der Van-der-Nüll-Gasse im 10. Bezirk, wo wir leistbares Wohnen oder leistbaren Kauf für Anleger anbieten.
Sie sind fix verbunden mit der Qualität der Lage möglichst nahe dem Zentrum.
Wir kennen uns da bestens aus. Seit 2001 mache ich nichts anderes als Zinshäuser im städtischen Gebiet anzuschauen. Natürlich wollen wir das für unsere Neubauprojekte nutzen. Auf der grünen Wiese ist nicht unser Feld, aber was weiß man, kann ja alles noch kommen.
Zurück zur Familie: Haben Sie mit Ihrem Bruder und Ihrem Vater klare Aufgabenteilungen?
Das haben wir, wobei alles ineinander greift und jeder weiß, was passiert. Ich bin mit meinem Team für den Einkauf, Entwicklung und Abverkauf der Zinshäuser zuständig. Mein Vater macht da natürlich mit, schaut aber vor allem, dass Organisationsstruktur und Finanzierung funktionieren. Er ist die ruhende Kraft sozusagen. Mein Bruder ist alleine für die Appartementabteilung und die Hotels zuständig. Ich liefere die Häuser und er betreibt sie.
Das ist schon eine Art Firmen- oder Erfolgsrezept?, wenn man auf solche Menschen bauen kann. Sie haben 2016 eine sehr erfolgreiche Kampagne ins Leben gerufen: die ImmoMarie, mit der Sie auf eine sympathische, pragmatische, transparente Art informiert haben: Wir kaufen.
Immobilien werden im Internet verkauft, aber keiner sagt: „Wir kaufen an.“ Natürlich gibt es Leute, die inserieren, aber eine richtige Plattform gab es nicht. Es gab die Plattform „Wir kaufen Ihr Auto“ und wir haben uns gedacht, so was gibt es für Immobilien noch nicht, da machen wir etwas Lustiges daraus. Die Immobilienbranche ist eh sehr ernst. Es muss seriös sein, soll aber auffallen. Immo sollte dabei sein, und dann hatten wir die ImmoMarie.
Wir haben so viele Angebote bekommen und sehr viel Aufmerksamkeit, waren sogar auf dem Palmersplakat. Auch haben wir die Immobilienbranche ein bisschen digital wachgerüttelt. Viele haben nachgezogen, ich freue mich, dass das so gut klappt. Wir bekommen natürlich viele Wohnungen angeboten. Haben schon das eine oder andere Grundstück oder Zinshaus gekauft. Da wir vor allem im Zinshausbereich tätig sind, konnten wir natürlich nicht alle Wohnungen kaufen.
Mir gefällt das klare Konzept und dass man sich darauf verlassen kann. Man wird kontaktiert, bekommt ein Angebot oder eine entsprechende Begründung. Ich beneide Sie nicht nur um die Idee, sondern auch, dass Sie das umgesetzt haben.
Ich arbeite an Innovationen, will nie stehenbleiben. Ich glaube, die Digitalisierung ist ein großes Thema für die Immobilienbranche. Es wird immer um Menschen gehen, und der Makler wird wichtig bleiben. Aber es wird sich immer mehr im Web abspielen, im Ankauf, aber auch im Bewerten von Immobilien.
Gibt es Innovationen, an die Sie glauben, ohne dass Sie Geschäftsgeheimnisse offenbaren? Gibt es etwas, was wir von Ihnen künftig erwarten dürfen?
Wir werden immer versuchen, bei den Ausbauten von Altbauten und Neubauten Innovationen zu setzen. Bei Altbauten mixen wir Neu mit Alt: Wir haben Fischgrätparkett, Stuck etc. und bauen das alte Haus wieder auf, wie wir es in der Rossauer Lände 17 gemacht haben. Jeder andere hätte das Gebäude abgerissen. Es gab Setzungsrisse, alles war alt und kaputt. Wir haben eine gegliederte Fassade darauf gesetzt. Das sind unsere Innovationen: Ich will kein Haus abreißen. Außer es rechnet sich nicht oder ist nur zweistöckig.
Wenn hier nur Neubauten stehen würden, hätte Wien kein Flair. Altbauten gehören geschützt und gerettet, aber nicht alle. Das ist wichtig. Man muss da einen guten Kompromiss finden. Was wir momentan haben, ist nicht der gute Kompromiss. Da wird alles über einen Kamm geschert. Für jedes Haus, das vor 1945 erbaut ist, muss man anfragen, das macht keinen Sinn. Beim Neubau natürlich genauso. Wir versuchen herauszufinden, was der Kunde will. Wir fragen viele Makler, bevor wir in die Vermarktung gehen. Momentan werden mehr kleine Wohnungen gesucht. Es gibt ja schon 32 m2 für 2 Zimmer mit Möbeln. Die Innovation, die kommen wird, ist, dass wir komplett eingerichtete Appartements schaffen werden. Vielleicht zu höheren Mieten, denn man könnte mit Möbelmiete auf einen besseren Mietpreis kommen. Da wir eine Appartementvermietung betreiben, wissen wir, wie man gut und funktionell einrichtet. Das kann so weit gehen, dass man sogar die Wohnungen mit Besteck ausstattet. Das ist für Anleger interessant, wenn höher Mietpreise erzielbar sind, doch auch ein Mieter schätzt ein vollfertiges Appartement in das er nur mehr einziehen muss.

Thema Lagezuschlag: Wenn Sie drei Wünsche an die Politik frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Es beginnt beim Richtwert, gar nicht beim Lagezuschlag. Ich wünsche mir die freie Vermietung beim Altbau, wenn er vollsaniert ist und einen höherwertigen Standort als beim Neubau hat. Ein Altbau ist höherwertig, weil er 3,5 Meter Raumhöhe und Flair bietet, also sollte er frei vermietbar sein. Mein zweiter Wunsch ist, dass der Lagezuschlag fair aufgeschlüsselt wird. Dass es in Toplage teilweise keinen Lagezuschlag gibt, entspricht nicht der Realität im Denken des Mieters. Der will im 7. oder im 8. Bezirk wohnen, weil er die Lage schätzt. Innerstädtisch, gute Infrastruktur, er hat Bus und Straßenbahn in der Nähe, die sind nicht viel schlechter als die U-Bahn. Was ich mir noch von der Politik wünsche, ist, den Abriss noch einmal zu überdenken. Ist ein Altbau im 22. Bezirk neben 100 Neubauten wirklich notwendig? Oder im 11. oder ein zweigeschossiges Haus? Man muss auch die Wirtschaftlichkeit mitdenken. Wir reden vom Wohnraumschaffen. Wir hatten, ein zweigeschossiges Haus mit 280 m2 im 10. Bezirk, es wurden 1.400 m2. Wenn so viel Wohnraum schaffbar ist und das alte Haus statisch nicht mehr hergeben würde – wir können noch Verbesserungen wie Garage, Balkone usw. liefern –, dann spricht alles für den Neubau.
Ich glaube, es gibt bis jetzt nur ungefähr 20 Liegenschaften, wo der Abbruch eingestellt wurde.
Das Gesetz verunsichert nur. Ich glaube, dass jetzt im städtischen Gebiet wieder weniger gebaut wird. Auch die, die abreißen wollten, warten ab, wie das weitergeht.
Was würden Sie jungen Leuten, die in die Immobilienbranche einsteigen, raten? Was brauchen sie, um erfolgreich zu sein?
Eine gute Ausbildung ist wichtig, und Leidenschaft für die Immobilienbranche sollte man haben. Es hört sich gut an, was wir machen, aber es ist nicht immer leicht gewesen bzw. so leicht wie es aussieht. Momentan leben wir in einer Hochphase und es herrscht Jubelstimmung. Doch trotzdem steckt viel Arbeit dahinter. Zuerst muss man die Immobilie aufreißen, auf den Markt bringen und aufarbeiten. Dann hofft man, dass man sie an den Mann bringt, und das ist immer noch nicht genug. Man braucht die Unterschrift auf dem Kaufvertrag, und das sechste ist hoffentlich die Provision auf dem Konto. Bis dahin ist es ein langer Weg. Einen langen Geduldsfaden muss man haben. Man hat auch manchmal mit nicht so feinen Herrschaften zu tun. Man sollte schon eine dicke Haut haben. Und Erfahrung. Ich glaube, momentan machen sich viele zu schnell selbstständig. Manchmal wäre es besser, man lässt sich mehrere Jahre Zeit und sammelt Erfahrungen bei einem Maklerunternehmen wie OTTO, damit man sich festigt und auch Kapital aufbaut. Viele machen schnell eine GmbH oder OG und versuchen ihr Glück. So einfach ist es nicht.
Da spielt auch hinein, dass es in den letzten 20 Jahren keine echte Preiskrise oder Wertkrise bei den Immobilien gegeben hat. Die Preise sind in die Höhe geschossen. Jemand, der andere Zeiten nicht erlebt hat, ist leicht versucht zu glauben, es geht immer nur hinauf mit dem Preis. Und der denkt sich vielleicht, das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass es keine 5 Prozent, sondern nur 2 Prozent sind. Also insofern: Gute Ausbildung, Erfahrung machen, neugierig bleiben und auch Menschen mögen.
Sonst hat das keinen Sinn. Wenn man es geschafft hat, wollen manche alles niederreißen, aber wichtig ist kontinuierliches Wachstum. Natürlich sind wir in den letzten fünf Jahren stärker gewachsen als davor, aber aus einem guten Stamm heraus. Und ich glaube nicht nur an das kontinuierliche Wachstum, sondern auch an Fairplay mit dem Gegenüber und an langfristiges Denken. Nicht für einen schnellen Deal alles links und rechts ignorieren. Manchmal klappt eine Sache halt nicht, dafür weiß man, dass man die nächsten 20 Jahre als fairer Player auf dem Markt geschätzt wird – so leben wir das.

Haben Sie ein Motto oder etwas, das Sie anderen mitgeben möchten?
„Mann mit Handschlagqualität“, das will ich leben und sein. Ein Vertrag ist für mich weniger wert ist als mein Handschlag. Was man sich ausmacht, zählt. Natürlich soll man Verträge machen, damit man sich an alles erinnert und nichts vergisst. Aber Fairplay ist ganz wichtig und man muss sein Gegenüber schätzen. Ich bin mit 21 Jahren in die Branche gekommen, da war ich vielleicht der junge Wilde, aber ich habe das schon damals gelebt. Diese Werte wurden mir von meiner Familie gegeben und so werde ich es meinem Sohn weitergeben. Das lebe ich im Berufsleben genauso wie privat.
Wenn ein Freund zu Ihnen sagt, ich habe eine Million geerbt. Was würden Sie ihm empfehlen?
Sofort in Immobilien einsteigen. Das meine ich ernst. Ich handhabe es auch so. Ich habe zwar keine Millionen geerbt, aber ich würde es so machen. Es ist für mich die sicherste Anlageform. Man kann selbst drinnen wohnen. Ich sage nicht nur Immobilien, sondern Wohnimmobilien, ob das unbedingt ein Zinshaus sein muss, kann ich nicht sagen. Wird sich mit einer Million schwer ausgehen, obwohl ich eines um den Preis hätte. Aber ich sage ihm wahrscheinlich er soll es in Anlagewohnungen investieren – Ich würde ihm schon eine schöne beschaffen.
