Karl Wlaschek | Frühjahr 2014
Vom Greißler zum Immobilientycoon - zu Kaffee bei Karl Wlaschek.
Es gibt keinen, dem mehr Häuser im 1. Bezirk gehören als ihm. Was mit dem Palais Kinsky auf der Freyung begonnen hat, ist zu einem Lehrstück für eine vorrausschauende Investitionsstrategie in Wiener Zinshäuser geworden. Dr. Eugen Ottos Besuch bei Karl Wlaschek war als kurzer Kaffeeplausch gedacht - und dauerte zweieinhalb Stunden.
KARL WLASCHEK: Ich habe mir heute extra eine Krawatte umgebunden.
DR. EUGEN OTTO: Das ehrt mich natürlich sehr und ich bin dankbar, dass du dir für uns Zeit genommen hast. Schließlich gibt es niemand anderen, der enger und legendärer mit dem Wiener Zinshaus verbunden ist, als du.
KARL WLASCHEK: Na ja, ich hab halt den Konzern verkauft, wollte was mit dem Geld machen und hab mir gedacht: Das Beste wär ein Zinshaus.
Aber du hast dich damals auch für den Kauf der Creditanstalt interessiert, oder?
Ja, zuerst schon. Ich war noch jünger und hab geglaubt, dass ich das Bankgeschäft auch noch lernen werde. Immerhin war ich in der Realschule ein guter Mathematiker. Aber wie ich dem Finanzminister gesagt habe, „ich will die CA und ich hab auch das Geld dafür“, hat er geantwortet: „Na, so einfach geht das nicht. Das muss ja alles bestimmt und besprochen werden.“
Aus jetziger Sicht war die Entscheidung für das Wiener Zinshaus ohnehin die gescheitere. Damals waren die Häuser auch noch günstiger. Ich kann mich an eines unser ersten Treffen erinnern, da hast du gesagt: Sechs Prozent, drunter ist nix. Wenn es ein schönes Haus ist und sechs Prozent Rendite bringt, dann schau ich es mir an.
Das waren andere Zeiten. Jetzt kaufen wir um drei Prozent.
Drei Prozent Rendite im 1. Bezirk sind immer noch gut. Dir gehören mit deinen 60 Innenstadtadressen fast zehn Prozent aller Zinshäuser und Palais im 1. Bezirk.
Wirklich wahr? Das hätte ich nicht gewusst. Schön, dass es so ist.
Welches Zinshaus war deine spannendste Investition?
Zinshäuser sind ja Gott sei Dank nicht spannend. Spannend ist das Schlosshotel Velden. Das wollte ich unbedingt haben. Mit der ehemaligen Direktorin des Hotels habe ich mich in den 1950er-Jahren als Musiker mehr als einmal geärgert. Und jetzt gehört mir das Hotel. Ich sehe das als Karrieresprung: Vom Kapellmeister zum Hotelbesitzer. Und ein Hobby muss man ja auch haben. (Anmerkung: Karl Wlaschek hat Anfang der 1950er-Jahre drei Saisonen mit fünf Musikerkollegen im Schlosshotel Velden als Charlie Walker aufgespielt.)
Und was macht ein gutes Zinshaus aus?
Wir haben im 1. Bezirk, gerechnet auf die Ankaufspreise eine durchschnittliche Rendite von fünfeinhalb Prozent. Da sind natürlich viele alte Sachen dabei. Trotzdem ist der 1. Bezirk nach wie vor das Beste, weil wir hier trotz Mietrecht höhere Mieten verlangen können. Wir richten eine Menge her, wir bauen viele Dachböden aus und wir nehmen nicht jeden Mieter.
Wenn du heute gefragt wirst, welches Haus du jetzt kaufen würdest? Was wäre das?
Sicher kein Bürohaus.
Weil …?
… weil ich schon immer auf Wohnimmobilien gestanden bin. Ein Zinshaus hat 30 Parteien. Dann stirbt einer. Man richtet die Wohnung neu her und vermietet sie wieder. In einem Bürohaus fallen mit einem Großmieter vielleicht gleich sechs Stockwerke weg. Das ist eine Katastrophe. Gelernt habe ich das aber erst mit der Zeit.
Und was erwartest du von einem Zinshaus?
Na zwei, drei Prozent muss es schon bringen. Das ist schwierig, weil jeder in der Stadt sein will und der Markt von Interessenten überrannt ist. Das sieht man schon bei den Eigentumswohnungen. Die Leute zahlen ja für Eigentumswohnungen in der Stadt ein Vermögen.
Und wie wird das weitergehen?
Einmal wird’s einen Kracher machen (lacht).

Dann kann Dir bei diesen Einkaufspreisen nicht viel passieren. Von 1996 bis jetzt ist eine lange Zeit. Andere hätten Ihre Zinshäuser in diesen Jahren schon drei- oder viermal weiterverkauft. Du nicht, du hast gehalten.
Ich war nie ein Spekulant. Auf lange Sicht zahlen sich Häuser immer aus. Schau dir nur auf dieser Liste die Einkaufspreise von damals an (zeigt eine lange Tabelle mit allen knapp 200 „Wlaschek“-Immobilien). Über alles gerechnet, haben wir einen Quadratmeterpreis im Einkauf von 2.190,- Euro.
Und heute sind diese Häuser ein Vielfaches wert.
50 Prozent mehr.
Mindestens. Wenn man nach der besten Ware geht, ist man immer gut dran. Das schöne Obst ist zwar teurer, aber dafür hält es länger. Zurück zu deiner Tabelle: Du orientierst dich sehr an diesen Zahlen, obwohl Wiener Zinshäuser ja eigentlich eine emotionale Sache sind. Einzigartige, schöne Fassaden, prachtvolle hohe Räume et cetera. Ich finde, du bist immer so auf‘s Rechnen aus …
Einwurf von WLASCHEKS EHEFRAU FRIEDERIKE :
Du sagst aber auch immer, es muss im 1. Bezirk sein!
... ja, aber nicht wegen der schönen Fassaden, sondern
weil ich dort die höchsten Mieten bekomme (lacht).
Außerhalb des Gürtels würdest du jetzt nicht zukaufen?
Außer wenn einer eines herschenkt.
Gibt es einen Ratschlag, den du als erfahrener Immobilier geben würdest?
Eigentlich nicht. Ich kann keinen Ratschlag geben, das muss jeder selbst für sich entscheiden. Ich habe ja selbst auch genug Blödsinn gemacht.
Du hältst nichts von Aktien und von Immobilien im Ausland auch nichts, warum?
Ich hab schon gesagt: Ich bin kein Spekulant und ich bin ein geborener Wiener. Ganz einfach.
Auch wenn ich die Antwort wahrscheinlich schon kenne. Was ist dein Lieblingshaus im 1. Bezirk?
Natürlich das Kinsky. Das war das erste Palais überhaupt, dass ich damals gekauft habe. Dort habe ich ja uns auch eine Gruft gebaut und meine Eltern sind schon dort. Wenn die wüssten, dass sie in einem Palais schlafen ...

Zur Person
Karl Wlaschek wurde am 4. August 1917 im Wiener Allgemeinen Krankenhaus geboren. In den 1950er-Jahren begann der Aufstieg vom Greißler zum Chef der erfolgreichsten österreichischen Supermarktkette. Als er 1996 den BILLA-Konzern um umgerechnet 1,1 Milliarden Euro verkaufte, tat er das schuldenfrei. Von da an investierte er in Immobilien. Vornehmlich in Wiener Zinshäuser und Stadtpalais. Heute besitzt er alleine im 1. Bezirk von Wien mehr als 60 Häuser. Österreichweit sind es knapp 200 Realitäten. Der Wert seines Immobilienportfolios wird auf mehr als zwei Milliarden Euro geschätzt. Die bekannteste seiner insgesamt vier Immobilienfirmen trägt den Namen AMISOLA und steht abgekürzt für „Alle Meine Immobilien Sollen Ohne Leerstände Arbeiten“.
