Mag. Karin Assem-Honsik und Dir. Ing. Hermann Klein | Herbst 2015
"Wir leben von Mieten und nicht von Einmalerträgen"
Aus einer konservativen Pensionskassenveranlagung für Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) wurde in den letzten Jahren einer der dynamischsten heimischen Immobilienentwickler. Im Gespräch mit OTTO Immobilien erklären die Geschäftsführer von IG Immobilien, Mag. Karin Assem-Honsik und Dir. Ing. Hermann Klein, warum Zinshäuser weiter ihren wichtigen Platz im Portfolio der OeNB-Tochter haben werden.
MARKUS STEINBÖCK: Die ersten Immobilien, die von IG Immobilien gekauft worden sind, waren klassische Zinshäuser mit extrem konservativer Perspektive. Mittlerweile hat sich das Portfolio auf 30 Prozent Büro, 17 Prozent Shoppingcenter und nur mehr 17 Prozent Wohnen gedreht. Wie wichtig ist die Rolle des Zinshauses noch in der IG?
ING. HERMANN KLEIN: Es spielt definitiv noch eine Rolle. Kurz ein kleiner Exkurs: 1991 hat IG Immobilien das erste Haus in der Operngasse im Zentrum Wiens gekauft. Zu diesem Zeitpunkt - bis 2000 - waren wir ein thesaurierendes Unternehmen und haben somit an unseren Eigentümer keine Gewinne ausgeschüttet. Wir waren auf Rücklagen fokussiert und bei Immobilien natürlich auf höchste Sicherheit – Renditen waren nicht unbedingt im Fokus.
Wenn neugierige Journalisten damals nachgefragt haben, was die IG mit den angekauften Zinshäusern vor hat, bekamen sie zur Antwort: „Wir sperren sie in unseren Safe und dort bleiben sie.“
ING. HERMANN KLEIN: Ja, damals haben wir, was unseren Anlagehorizont betrifft, in vatikanischen Dimensionen gedacht. Daher waren Zinshäuser ideal. Die Wende kam im Jahr 2000, als wir von unserem Eigentümer von thesaurierend auf ausschüttend umgestellt wurden. Damit mussten wir das Portfolio verändern, begannen zu drehen und in Objekte mit höheren Renditen zu investieren, teilweise natürlich auch verbunden mit höheren Risiken.

Warum diese Umstellung?
ING. HERMANN KLEIN: Vor der Jahrtausendwende mussten wir die Pensionsrücklagen der OeNB nur möglichst sicher veranlagen. Die Pensionen wurden damals aus dem laufenden OeNB-Ertrag bezahlt. Nach der Wende wurde festgelegt, dass jeder, der eine Pensionsrücklage hat, daraus auch die Pensionen finanzieren sollte.
MAG. KARIN ASSEM-HONSIK: Und die Zinslandschaft war auch noch eine ganz andere als heute. Der Druck, aus den Immobilien Gewinnausschüttungen zu erzielen, ist jetzt deutlich stärker, da Aktien und Wertpapierveranlagungen zur Zeit nur geringe Erträge erwirtschaften.
ING. HERMANN KLEIN: In der Folge haben wir auch verkauft, zum Beispiel das Landtmann-Haus oder auch die Operngasse. Und reinvestiert haben wir beispielsweise in das Stadion Center. Aber wir haben immer noch einen gewissen Bestandteil an Zinshäusern behalten.
Gleichzeitig hat sich Ihr Auftritt in der Öffentlichkeit komplett gewandelt. Ich habe den Eindruck, dass Sie sich heutzutage als rein privatwirtschaftliches Unternehmen sehen?
ING. HERMANN KLEIN: Im Prinzip ja! Die IG muss privatwirtschaftlich funktionieren, weil wir Gewinn ausschütten müssen. Daher müssen wir uns auf dem Markt genauso bewegen wie alle anderen, auch wenn wir ein Teil der OeNB sind.
MAG. KARIN ASSEM-HONSIK: Und wir haben nicht, auch wenn es viele vermuten, irgendwelche Vorteile, weil wir eine Nationalbanktochter sind! Wir finanzieren uns auch nicht über die OeNB, sondern über Kommerzbanken.
Gilt der private Ansatz auch für die Risikobereitschaft?
ING. HERMANN KLEIN: Ja, höhere Renditen und höhere Gewinne, all das schafft man nur, wenn man teilweise selbst entwickelt. Wenn man fertige Sachen kauft, haben ja schon andere daran verdient.
MAG. KARIN ASSEM-HONSIK: Trotzdem müssen Sie uns von den Mitbewerbern unterscheiden, die auch im Eigentum und im Abverkauf tätig sind. Wir fokussieren uns ja nur auf Mieten. Wir brauchen die Mieteinnahmen, damit wir Gewinn ausschütten können. Aber die Nachfrage nach Zinshäusern ist sehr groß und die Einkaufspreise sind top. Das führt dann oft leider dazu, dass sich in der Kalkulation nur ein Ankauf bei einem späteren Abverkauf der einzelnen Wohnungen rechnen würde, was aber nicht unserem Geschäftsmodell entspricht.

Könnten Sie, umgekehrt, von den hohen Preisen als Zinshaus-Verkäufer profitieren?
ING. HERMANN KLEIN: Ja, aber wenn wir jetzt ein Zinshaus verkaufen, dann müssen wir reinvestieren. Wir haben nichts von Einmalerträgen, deshalb behalten wir im Moment unsere Zinshäuser im Portfolio.
Was muss ein Zinshaus können, um von Ihnen beachtet zu werden?
ING. HERMANN KLEIN: Die Lage ist uns sehr wichtig und eine öffentliche Verkehrsanbindung – am besten eine U-Bahn-Station. Eben weil wir auf Mieter spezialisiert sind und diese zuerst auf eine gute Verkehrsanbindung und eine gute Nahversorgung fokussieren. Nach unseren Erfahrungen sind Außenbezirke für Mieter nicht unbedingt geeignet. In guten Lagen können wir uns auch vorstellen, Zinshäuser durch Dachbodenausbauten und Sanierungen selbst zu entwickeln. Momentan sind wir gerade dabei, bei einigen Zinshäusern Balkone anzubauen.
Thema Rendite und Mietrecht: Wie geht man damit um?
ING. HERMANN KLEIN: Wir achten schon sehr darauf, dass die rechtliche Ausgangsbasis in unseren Objekten passt. Wenn zum Beispiel 80 Prozent der Wohnungen nicht der Widmung entsprechend, sondern als Büro vermietet sind, wäre dieses Haus für unser Portfolio komplett uninteressant, auch wenn es sich für einen anderen Anleger rechnen würde.
Gibt es Wünsche an das Mietrecht?
MAG. KARIN ASSEM-HONSIK: Die Schere wird einfach zu groß! Wir haben auf der einen Seite die Topmieten und auf der anderen Seite die Friedenszinsmieten. Es hat keinen Sinn, dass Leute jahrzehntelang um 1,50 Euro den Quadratmeter mieten und andere ein Vielfaches davon bezahlen müssen. Ich bin nicht dafür, dass man überall auf das Maximum geht, aber eine Marktangleichung wäre schon sinnvoll.
ING. HERMANN KLEIN: Da ist die Politik gefordert. Denn was wird die Konsequenz sein, wenn die Preise und Zinsen so bleiben? Es wird immer mehr parifiziert und abverkauft und der Bestand an ganzen Zinshäusern wird immer weniger werden. Daher wäre eine Angleichung wirklich sinnvoll.
Was kaufen Sie im Portfolio zu und was verkaufen Sie?
ING. HERMANN KLEIN: Derzeit verkaufen wir gar nichts! Wir haben im Moment 34 Objekte und sind mit dem Portfolio sehr zufrieden. Momentan wollen wir das Thema Hotel ein wenig ausweiten, aber nur in der Low-Budget-Schiene, nicht im Luxusbereich. Man sagt ja immer: Je weniger Sterne, desto höher die Rendite.

Zur Person:
Mag. Karin Assem-Honsik begann ihre Karriere nach dem Abschluss ihres Sozial- und Wirtschaftswissenschaftsstudiums bei der Wien Holding AG. 1995 wechselte sie zur Oesterreichischen Nationalbank und übernahm schließlich 2002 die Position der Geschäftsführerin des kaufmännischen Bereichs bei IG Immobilien. Mag. Karin Assem-Honsik zeichnet unter anderem für die Immobilienverwaltung, den Bereich Vermietung und Verkauf und für das Rechnungswesen verantwortlich.

Zur Person
Dir. Ing. Hermann Klein ist seit 1998 Geschäftsführer von IG Immobilien. Er ist vor allem für den Bereich Projektumsetzung und -entwicklung, für das Facility Management und die Vermietung und den Verkauf zuständig. Nach der Matura an der HTL Mödling war Ing. Hermann Klein Mitarbeiter bei verschiedenen Ziviltechnikern und widmet sich nebenbei dem Studium der technischen Physik. Von 1991 bis 1998 war er bereits Mitarbeiter von IG Immobilien, bevor er in die Geschäftsführung wechselte.
