Das historische Wien - 22. Bezirk
Hier ist der größte Wiener Bezirk
Die Donaustadt, der 22. Bezirk, liegt im Osten und ist mit einer Fläche von 102,3 Quadratkilometern der größte Wiener Gemeindebezirk. Fast ein Viertel der gesamten Stadtfläche nimmt er ein. Vor wenigen Jahren hat es sein Bezirksteil Kaisermühlen zu österreichweiter Bekanntheit gebracht.
Beitrag von Herbst 2013
Es war der Schriftsteller und TV-Autor Ernst Hinterberger (1931 – 2012), der Kaisermühlen in einer heiteren Kultserie ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. „Ich kann nur hoffen“, schreibt der Autor in einem jüngst erschienenen Bildband, „dass die unaufhaltsame Modernisierung Kaisermühlens nicht so arg wie in an deren Teilen Wiens ausfallen wird und sich die Stimmen derer, die ihr Kaisermühlen nicht zu einem Ableger von Manhattan verbauen lassen wollen, schließlich durchsetzen.“
Diese Bitte ist wahrscheinlich vergebens. Denn die Donaustadt gilt allen Architekten, Raum- und Verkehrsplanern als das größte Hoffnungsgebiet Wiens, immerhin gibt es hier noch genügend Bauland. Dabei war Kaisermühlen der erste Bezirksteil, den Wien eingemeindet hat. Schon 1850 kam es zum 2. Bezirk, Leopoldstadt, und blieb dort bis 1938. Der Name erinnert an die zahlreichen Schiffsmühlen an der früher noch unregulierten Donau.
Nur wenige Gemeindebauten prägten vor dem Weltkrieg das Gebiet. Ein auch historisch bedeutsamer ist der Goethehof in Kagran, der im Bürgerkrieg von 1934 heftig umkämpft war. Nach dem Weltkrieg gehörte der Bezirk so wie Floridsdorf zur sowjetisch besetzten Zone. Erst in den Sechzigerjahren ging die Stadtverwaltung daran, in den Bezirk zu investieren: 1964 wurde das Gelände einer Mülldeponie und einer wilden Barackensiedlung (das „Brettldorf“) zu einem großartigen Park umgestaltet. Er diente der Internationalen Gartenschau. Ein Sessellift führte über das Gelände, weithin sichtbar ragte der Donauturm als neues Wahrzeichen Wiens in die Wolken.

1973 wurden am Steinsporn zwei Kraftwerksblöcke des Dampfkraftwerkes Donaustadt in Betrieb genommen. Die Verantwortlichen hielten sich damals die Möglichkeit offen, den geplanten Block 3 als österreichisches Atomkraftwerk auszuführen. Dazu ist es freilich nie gekommen.
Doch Bruno Kreisky war noch etwas ehrgeiziger. Im Zentrum seiner Außenpolitik stand das Bemühen, eine internationale Organisation in Wien anzusiedeln. Und das gelang ihm mit der UNO-City (1979) und dem internationalen Konferenzzentrum „Austria Center“ (1987). In einem persönlichen Alleingang vergab er die UNO-City an den damals völlig unbekannten Architekten Johann Staber, der einen genialen Entwurf lieferte. Kreisky war so entschlossen, dass ihn auch ein partei-politisch motiviertes Volksbegehren gegen den Bau des „Austria Centers“ nicht kümmerte. Heute wollen die dafür Verantwortlichen nicht mehr gerne an diese Kurzsichtigkeit erinnert werden.
Ein Blick nach Aspern verrät, dass sich hier ab 1912 bis 1954 der dem internationalen Verkehr dienende Wiener Flughafen befand. Erst danach übernahm der Flughafen in Schwechat den internationalen Verkehr; 1977 wurde Aspern schließlich auch für Sportflugzeuge geschlossen. Heute gilt Aspern als Hoffnungsgebiet für die Stadterweiterung, mit der „Seestadt“ entsteht dort derzeit ein neuer und moderner Stadtteil – auf historischem Boden. Denn es war auch in Aspern, wo sich das bedeutendste historische Ereignis dieses Gebietes zutragen sollte: Die Schlacht bei Aspern (und Essling) zwischen Erzherzog Karl und Napoléon Bonaparte, bei der dem kleinen großen Franzosen seine erste militärische Niederlage zugefügt wurde.
Und weil die Donaustadt eben so groß ist, bringt die Stadt viele Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe hier unter: Das Dampfkraftwerk Donaustadt ebenso wie das Donaukraftwerk Freudenau, die Deponie am Rautenweg, das Kompostwerk Lobau, das Rinterzelt zur Abfallbehandlung.
Geheimtipp
Die städtischen Blumengärten in Hirschstetten (Quadenstraße 15) bieten sogar Urlaubstage an in einem „Florarium“, einem Palmenhaus und einem Bauernhof. Bis Mitte Oktober kann man hier eine ausgefallene Flora bewundern.
22., Donaustadt
Fläche in ha1: 10229,91
Einwohner2: 165.265
Bevölkerungsdichte3: 1.616
Bevölkerungsentwicklung4: 1,64%
Gebäude5: 28.018
Zinshäuser6: 114
Zinshausdichte7: 0%
1 Quelle: Stadt Wien (MA 41), Flächen der Gemeindebezirke 2012 (Stand 1.9.2012)
2 Quelle: Statistik Austria, Wohnbevölkerung zu Quartalsbeginn 2013
3 Quelle: eigene Berechnung, EW/km²
4 Quelle: eigene Berechnung, Vergleich zum Jahr 2012
5 Quelle: Statistik Austria, Gebäude- und Wohnungszählung 2001
6 Quelle: Kulturgüterkataster der Stadt Wien (MA 19), eigene Erhebungen, Grundbuch (B-Blätter)
7 Quelle: eigene Berechnung, Gebäudebestand / Zinshäuser, gerundet

Der Autor
Prof. Hans Werner Scheidl: Jahrgang 1944, arbeitete von 1965 bis 2009 als Redakteur der Wiener Tageszeitung „Die Presse“. Heute ist der Zeithistoriker und Buchautor freier Journalist.
