Liesing hat eine stolze Geschichte. Schon 1002 schenkte der deutsche König Heinrich II. dem Babenberger- Markgraf Heinrich I. Land zwischen der Dürren Liesing und der Triesting. Der Name des Gebietes leitete sich von dem Flussnamen „Lieznika” ab und bedeutet übersetzt „Waldbach“.

Mit der Industrialisierung der vergangenen zwei Jahrhunderte kam der große wirtschaftliche Aufschwung für Liesing. So wurde beispielsweise im Jahre 1838 die Liesinger Brauerei im Ort ansässig, dazu gehörte auch die ehemalige Liesinger Brauhaus-Restauration. Im Siedlungsbau anfangs des 20. Jahrhunderts ist die heute noch bestehende „Wohnkolonie“ erwähnenswert, die 1911/12 in der Elisenstraße im Westen des Orts angelegt wurde.

Die Modernisierung machte rasche Fortschritte.1888 wurde auf dem Liesinger Postamt eine Schaltanlage („Telefonzentrale“) des damaligen Staatstelefons errichtet. In der Draschestraße baute die Firma Eisler & Comp ihre Firma, später wurde daraus „Inzersdorfer“. Heute ist sie größtenteils abgerissen, nur der denkmalgeschützte Teil ist noch vorhanden. 

Die ehemalige Stadt ist heute größtenteils mit den ehemaligen Umlandgemeinden Niederösterreichs verschmolzen und weist ein großes Industriegebiet auf. 2006 wurde mit dem Abbruch des städtebaulich dominanten Geländes der Brauerei begonnen. Nach Plänen von Coop Himmelb(l)au entstand dort bis 2011 der neue Stadtteil „Riverside“ mit Wohnungen, Arbeits- und Freizeitstätten.

Auch hier zeugen manche Bauten von der überragenden Kunst heimischer Architekten der Zwischen- und der Nachkriegszeit. Ernst Plischke war einer von ihnen. Das 1930 erbaute Arbeitsamt Liesing gilt heute als ein „zukunftsweisendes Hauptwerk der Moderne in Österreich“. Die heutige Liesinger Pfarrkirche Robert Kramreiters wurde von 1953 bis 1955 erbaut, und im Westen realisierte Roland Rainer von 1961 bis 1963 die bereits 1956 geplante Siedlung Maurerberg nach dem Konzept des urbanen Flachbaus.

Aber auch als Schulzentrum hat der 23. Bezirk einen Namen. Am bekanntesten ist wohl das Kollegium Kalksburg, dessen Geschichte eng mit den Jesuiten in Österreich verbunden war und ist. Seit 1856 wird hier gelehrt und geforscht.  

Geheimtipp
Die Kirche „Zur Hl. Dreifaltigkeit“ in Mauer ist eine monumentale Skulptur aus Betonblöcken. Der Bildhauer Fritz Wotruba entwarf das Modell, der Baumeister Gerhard Mayr führte es aus. 1976 war die Kirche fertig. Gestiftet wurde das moderne Bauwerk von Margarethe Ottillinger, die damit für ihre glückliche Rückkehr aus sowjetischer Gefangenschaft danken wollte.

23., Liesing
Fläche in ha¹: 3207,16
Einwohner²: 95.263
Bevölkerungsdichte³: 2.970
Bevölkerungsentwicklung⁴: 0,49%
Gebäude⁵: 15.450
Zinshäuser⁶: 92
Zinshausdichte⁷: 1%

¹ Quelle: Stadt Wien (MA 41), Flächen der Gemeindebezirke 2012 (Stand 1.9.2012)
² Quelle: Statistik Austria, Wohnbevölkerung zu Quartalsbeginn 2013
³ Quelle: eigene Berechnung, EW/km²
⁴ Quelle: eigene Berechnung, Vergleich zum Jahr 2012
⁵ Quelle: Statistik Austria, Gebäude- und Wohnungszählung 2001
⁶ Quelle: Kulturgüterkataster der Stadt Wien (MA 19), eigene Erhebungen, Grundbuch (B-Blätter)
⁷ Quelle: eigene Berechnung, Gebäudebestand / Zinshäuser, gerundet

Der Autor
Prof. Hans Werner Scheidl: Jahrgang 1944, arbeitete von 1965 bis 2009 als Redakteur der Wiener Tageszeitung „Die Presse“. Heute ist der Zeithistoriker und Buchautor freier Journalist.

^{Copyright Foto der Inzersdorfer Pfarrkirche: Bwag CC BY-SA 4.0}